Kleine Trilogie, Teil 1
Gott hatte die Welt erschaffen. Als er am siebten Tag ausruhte, fehlte etwas für die Muße. Da schuf er das Kreuzworträtsel, mit so schönen Wörtern wie Himmel und Paradies. Am Ende blieb ein einziges Kästchen frei. „O“, sagte Gott, trug es ein und hatte die Wortschöpfung um ein kleines Wunder bereichert.
„O“ sagte Adam, wenn er Eva sah. Und auch, als das mit der Schlange passiert war. Das entsprach in etwa dem „Ups“, aber im Gegensatz dazu braucht das O nicht so viele Buchstaben – auch wenn manche ein „h“ dranhängen, wohl weil sie meinen, sonst sei es kein richtiges Wort.
Das O ist auch ohne dies wortmächtig, vielsagend, emotionsbeladen. Dem lieben Augustin wurde es vorangestellt, und schon Cicero, Shakespeare, Schiller, Goethe und viele andere haben es für Pathos, je nach Bedarf fürs Jauchzen oder Jammern gebraucht. Zur Kommentierung von Pannen oder waghalsigen Aktionen wird es gerne gedoppelt („O, o …“) oder gar verdreifacht, im Sinne des aufwendigeren „Au weia“.
Aus dem Munde eines Caruso oder Pavarotti wurde das O beim „O sole mio“ umjubelt. Und wir könnten ohne es nicht bald wieder „O Tannenbaum“ und „O du fröhliche“ singen. Tja, denkt man einfach nicht drüber nach, wenn man „O Gott“ sagt. Achim van Nörden