Äste mit Frühlingsrollen

„Zhong Guo de Chun Tian“ / Chinesischer Frühling

Zum Frühlingsanfang 2009 hängte die Bocholter Künstlerin Christa Maria Kirch 144 große Garnrollen an die zwölf Platanen auf dem Gasthausplatz – in zwölf Farben. Bis zum Sommer soll die Installation „Zhong Guo de Chun Tian“ zu sehen sein.

Christa Maria Kirch sucht immer „Unorte für Kunst“ – eine Umgebung, die Kunstwerke unterstützt. Der viereckige Gasthausplatz mit seinen zwölf, wie Spalierobst beschnittenen Platanen fiel ihr auf. Die bizarren Ast-Gebilde inspirierten sie, die Bäume vorzeitig zum Blühen zu bringen: mit Garnrollen in zwölf Farben. „Zhong Guo de Chun Tian“ hat sie die Installation genannt, auf Deutsch: chinesischer Frühling.

„Der Ausgangspunkt war das Material, auf das ich gestoßen bin: kleine Teppichfliesen des chinesischen Herstellers Tai Ping“, sagt Kirch. Dieser lasse seine Teppiche unter menschenwürdigen Bedingungen herstellen. „Tai Ping heißt innere Ruhe, Frieden.“ Das habe ihr gefallen, und deshalb habe sie in Verbindung mit Garnrollen aus den Teppichfliesen etwas machen wollen.

Die Deckengarnreste aus der Bocholter Firma Gebrüder Rensing stellte ihr Dr. Hermann Josef Stenkamp, Leiter des Textilmuseums, zur Verfügung. „Hier werden Garne gefertigt, die nach China gehen, wo dann Teppiche und Textilien gemacht werden, die wiederum hier verkauft werden“, erklärt Kirch. Deshalb diese Kombination. Dass die kleinen Teppichfliesen jetzt nur als Unterlage für die Aufhängung benutzt werden, um die Platanen-Äste vor Beschädigungen zu schützen, habe sie am Anfang des Projekts noch nicht gewusst. (Renate Witteler, BBV im März 2009)

Dieses Projekt wurde in Zusammenarbeit mit dem Euregio-Kunstkreis, LWL Textilmuseum und der Deutsch-Chinesischen Gesellschaft realisiert.

Info

Zur Künstlerin

Die Bocholterin Christa Maria Kirch, 1950 in Schmallenberg (Hochsauerland) geboren, ist seit 1988 freischaffende Künstlerin. 1995 nahm sie ihr Studium der bildenden Kunst in Bochum auf, 2000 legte sie ihr Diplom als Bildhauerin ab. Ihre Schwerpunkte sind Konzeptkunst, Objekte und Installationen. An „Unorten“ wolle sie die Menschen mit Kunst überraschen, ihr forschendes Sehen wecken, ihre Wahrnehmung kitzeln und sie ins Bild des Gezeigten rücken, erklärt sie.

Lampions habe sie mit den zwei bis drei Kilo schweren Garnrollen assoziiert, berichtet die Künstlerin weiter. Deshalb hänge sie nun leere Plastikhülsen für Garne aus der ehemaligen Weberei Bramring in die Rollen. „Die Hülsen lösen das Gefühl aus, dass die Farben herausströmen“, sagt sie. „Wir sind in einer Zeit des Schwarzmalens und Negativdenkens.“ Die Chinesen hingegen feierten im Frühling ihr Neujahrsfest. Der Frühling stehe dort für einen Neuanfang, für neue Energie. „Es ist die Zeit des Holzes“, sagt Kirch. Ein Mensch, dessen „Holzenergie“ ausgeglichen sei, engagiere sich. Er sei mutig und entdeckungslustig.

„Frühlingsrollen“ würden die bunten Garnrollen intern genannt, berichtet Stenkamp, der Kirch in der zum Textilmusem gehörenden alten Spinnerei Herding ein Atelier zur Verfügung gestellt hat. „Das ist keine umschirmte Kunst. Die bringt sich in den Alltag ein.“ Und: „Sie tritt immer in andere Zusammenhänge.“ An die verschiedenen Funktionen des Gasthausplatzes denkt er dabei – vom Park- über den Markt- bis zum Gastronomie-Platz. Außerdem stehe die Installation „mitten im Leben“. Sie verändere sich, wenn die Platanen Blätter kriegten. „Das Grün wird langsam sprießen“, sagt Kirch.

Bis zum Frühlingsende am 20. Juni 2009 ist der „Zhong Guo de Chun Tian“, der am Sonntag, 22. März, um 11 Uhr eröffnet wird, zu sehen. Neben dem Textilmuseum, der Stadt und dem Euregio-Kunstkreis wird Kirchs Projekt auch von der Deutsch-Chinesischen Gesellschaft unterstützt, die der Künstlerin beim Aufbau behilflich ist.

Christa Maria Kirch zeigt Garnrollen, mit denen sie den Gasthausplatz zum „Erblühen“ bringen will.